Sonntag, 26. August 2018

Niemand hat die Absicht, einen Staffelsieg zu feiern!

Der Titel, den ich für den vorliegenden Rennbericht der 100 Meilen Berlin gewählt habe, mag vielleicht für Außenstehende ein klein wenig verstörend wirken, denn irgendwie möchte man im Wettkampf ja schließlich immer gewinnen. So auch wir. Doch Traum und Wirklichkeit liegen oft so weit auseinander, dass man sich am Ende einfach die Kraft spart und daran erst gar keinen Gedanken verschwendet. Außerdem haben mein Staffelpartner Arnaud und ich im Vorfeld kein einziges Mal gemeinsam trainiert und wussten quasi nichts über den Leistungsstand des jeweils anderen. Unser letztes physisches Treffen lag zudem fast drei Jahre zurück. Wenn es Klärungsbedarf zur Orga oder zum Rennen selbst gab, traf man sich eben per Videochat. Ging auch.

Bevor ich aber gleich ins Rennen einsteige, muss ich offensichtlich erst einmal etwas weiter ausholen. Denn meine Geschichte zu den alljährlich stattfindenden 100 Meilen begann bereits im Jahre 2015, in dem Jahr, in dem ich mir vorgenommen hatte, in jedem Monat mindestens über die Marathondistanz zu starten. Um es kurz zu machen: Am Ende zählte ich vierzehn Wettkämpfe (neben all den kürzeren Distanzen), darunter einen 50K unter der brennenden Sonne Floridas, meiner ersten Teilnahme am Supermarathon von Eisenach nach Schmiedefeld am Rennsteig und eben diesem historischen Lauf entlang der ehemaligen Mauer in und um Berlin. Mit dem Unterschied, dass wir damals eine 4er-Staffel auf die Beine stellten und ich das Vergnügen besaß bzw. mich geradezu aufgedrängt hatte, doch bitte die letzte Etappe über 58 km laufen zu dürfen. Mein Wunsch wurde erhört, übernahm am Renntag am Sportplatz Teltow an zweiter Stelle liegend den imaginären Staffelstab, konnte den Platz dann doch noch weitere 30 km behaupten, ließ dann ein paar Federn auf der Strecke, wurde überholt und landeten mit unserer Staffel am Ende zum Glück noch auf dem letzten Treppchenplatz. Wir blieben also gerade noch so von der achso undankbaren Holzmedaille verschont. Und meine Reise ging weiter!

Im darauffolgenden Jahr entschied ich mich mit meiner Frau dazu, als Helfer am VP Frohnau zu fungieren. Wir haben uns die Nacht um die Ohren geschlagen, um auch die allerletzten Läufer energiegeladen immer weiter Richtung Ziel oder einfach zum nächsten Verpflegungspunkt zu entsenden. Oft hat es funktioniert, manchmal aber war traurigerweise genau dort für den ein oder anderen Endstation und der innere Schweinehund schien, gesiegt zu haben. So spielt nun einmal das Läuferleben und spätestens dort wuchs in mir die Sehnsucht nach längeren Distanzen. Denn dieses Gefühl wollte ich auch haben.


Der beste Einstieg in die Ultralauf-Szene, so dachte ich mir zumindest, würde mir gelingen, wenn ich erst einmal kleinere Brötchen backen und eine 2er-Staffel organisieren würde, in der ich die Aufgabe übernehme, die Strecke über knapp 91 km zu bewältigen. Dann musste ich nur noch jemanden finden, dem ich die weiteren 70 km bis ins Ziel auf’s Auge drücken konnte. Doch dies war leichter gesagt als getan. Meine erste Wahl hatte nämlich früh im Jahr mit Verletzungssorgen und einigen anderen, eher privateren Problemen zu kämpfen. Diese Situation forderte dann von mir, als
Staffelkapitän sozusagen, meiner Fürsorgepflicht nachzukommen und konnte keinesfalls das Risiko eingehen, die Gesundheit eines nicht ausreichend trainierten Sportlers zu riskieren. Da war plötzlich und unerwartet also wieder ein Platz in der 'Lauf Junge Lauf‘-Staffel frei. Das Suchen begann mal wieder von vorne.

Da kommt auch schon Arnaud ins Spiel. Arnaud hatte bereits viel früher als ich seinen Weg ins Ultralaufen gefunden, mit Finish beim Marathon des Sables sowie dem peruanischen Pendant, um zumindest kurz die bekanntesten zu nennen. Achso, und sammelt weiter fleißig Punkte (und Kilometer), um eines Tages für den UTMB zugelassen zu werden. Deshalb wusste ich zumindest, dass das Bewältigen der Distanz für ihn nie zum Problem werden wird. Nach wenigen Tagen Bedenkzeit war meine Staffel also wieder komplettiert und der Tag des Rennens konnte kommen.

Die Generalprobe am Vortag


© Photo by Monique Wüstenhagen
Als mein Staffelpartner letztlich in Berlin landete und ich ihn freudig am Gate empfing, hatte er, wahrscheinlich, um mein Nervenkostüm noch einmal auf die Probe zu stellen, gleich eine böse Überraschung parat. Offensichtlich schien er sich nämlich nur wenige Stunden vorher den Rücken verknackst zu haben und hing schließlich vor mir wie ein Schluck Wasser in der Kurve. War unser Rennen etwa bereits vorbei, bevor überhaupt der Startschuss gefallen war? Da war mal wieder schnelle Reaktion gefordert. Anruf bei meiner Physiotherapeutin Judtih, die mir persönlich bereits schon einige Male aus der Patsche helfen musste und es von mir gewohnt war, den ein oder anderen Brand so kurz vor einem bevorstehenden Wettkampf löschen zu müssen. Wie eben auch dieses Mal.

© Photo by Monique Wüstenhagen
So begab sich Arnaud also in die beste physiotherapeutische Behandlung und ich konnte einfach nicht länger warten und machte mich in Zeitnot durch die halbe Stadt auf zur Startunterlagenabholung und dem anschließenden Briefing im H4 Hotel am Alexanderplatz. Beinahe wären die Staffeln am nächsten Tag also ganz ohne uns gestartet. Das wäre wahrlich ein Jammer gewesen. Nicht nur für uns, mit Sicherheit auch für alle anderen Teilnehmer.
Nachdem ich also kurz vor dem Ende der Abholfrist unsere Startnummer in den Händen halten durfte (ganz nebenbei auch noch die tollste, die man sich vorstellen kann - Startnummer 2018), ich den Weg zum Briefing fand, trudelte pünktlich mit der Eröffnungsrede dann auch endlich mein Staffelpartner ein, zwar immer noch sichtlich gehandicapt, doch endlich war das Team Lauf Junge Lauf komplettiert. Es wächst also immer noch zusammen, was zusammen gehört. Das sollte sich am nächsten Tag, dem Tag des Rennens, noch einmal bestätigen.

Das Rennen 


Als die Einzelläufer bereits seit knapp einer Stunde unterwegs waren, tummelten sich im Friedrich-Ludwig-Jahn Sportpark in Prenzlauer Berg noch alle verbliebenen Staffelläufer. Selten habe ich kurz vor einem Start eine solch gelöste und entspannte Stimmung erlebt. Man hätte beinahe glauben können, dass es um nichts ging. Für mich leider zu entspannt, denn als endlich der Startschuss um sieben Uhr fiel, war ich gerade mitten in ein Gespräch vertieft und verpasste das ‚Peng‘ oder ‚Pow‘ oder wie es auch immer gemacht hat. Könnte mich vielleicht jemand aufklären, ob es überhaupt ein ‚Krach-Bumm-Beng‘ gab, als die Staffeln auf ihre Reise geschickt wurden? Denn offensichtlich litt ich an einer kurzzeitigen Konzentrationsschwäche und konnte gerade noch schnell meinen Zeitmesser starten und den schlaftrunkenen Kadaver über die befreiende Startlinie hieven.

Von diesem Moment an aber war der Läufer in mir wachgerüttelt; meine Muskeln und Knochen erinnerten sich daran, dass ihnen der Bewegungsablauf in irgendeiner Form bekannt vorkam. Von Müdigkeit plötzlich keine Spur mehr. Selbst die Tartanbahn unter meinen Füßen fühlte sich so vertraut an. Ich hatte ein verdammt gutes Gefühl für den Tag.

Die größte Herausforderung sah ich, im Vorfeld betrachtet, nicht in der Distanz (denn das Ankommen stellte ich eigentlich nie in Frage), sondern in den Ampelphasen, die uns schließlich die ersten 18 km permanent begleiteten. Erst auf die Ampel sehen, dann über die Straße gehen. So das Motto. Wenn man das einmal vergaß, halfen einem die eigens hierfür abgestellten Ampelmännchen und -frauchen (wenn ich sie denn so nennen darf) gerne, sich dies noch einmal ins Gedächtnis zu rufen. Die Regeln waren klar und fair für alle. Bei Rot hat man verdammt nochmal stehenzubleiben. Dass es immer wieder pfiffige Mitläufer gibt, die sich für Regeln so gar nicht interessieren; damit muss man am Ende des Lauftages wohl leben. Und diese wiederum mit den Konsequenzen.

Nur kurze Zeit, nachdem wir allesamt das Stadion im Prenzl’berg verlassen und sich die Führungsfahrzeuge der Kolonne  angeschlossen hatten, begann die viel gefürchtete und soeben erwähnte Rot-Grün-Phase. Selbst auf die Gefahr des Verzockens hin, hatte ich mir bereits zu Hause in meinem stillen Kämmerchen die Taktik der kurzen, knackigen Zwischensprints überlegt, um mir das Leben von Beginn an etwas zu erleichtern und die ersehnte grüne Welle zu erzwingen. Ganz konnte ich dem Übel zwar nicht aus dem Weg gehen, doch kurz nachdem ich die britische Botschaft passiert hatte und den Blick über meine Schulter hinweg schweifen ließ, bemerkte ich teils erschrocken, aber auch ein wenig zufrieden, dass weit und breit kein Verfolger auszumachen war. Nur ich, mein Führungsfahrzeug und zwei Jungs, von einer Vierer-Staffel und einer 10+ Staffel. Wie das Leben nun einmal so spielt und sich in einer lockeren Konversation herausstellte, war der junge Mann der 4er Staffel im Jahre 2015 dafür verantwortlich, dass wir am Ende nicht auf dem zweiten sondern dem dritten Platz landeten. Noch überraschter war ich, dass er mich sogar namentlich in Erinnerung behielt. Das schien ihn die letzten Jahre wohl schwer beschäftigt zu haben. Heute jedoch liefen wir nicht gegeneinander, sondern miteinander. Denn gemeinsam ist man bekanntlich weniger allein.

Eine tolle Aktion, so fand ich zumindest, war die Öffnung des Asisi Panorama am Checkpoint Charlie für die Teilnehmer der 100 Meilen Berlin. Oft vorbeigeschlendert und auf der imaginären Berlin-To-Do-Liste geführt, kann ich jetzt den Haken setzen und die Mission als erfüllt betrachten. Auch wenn die kleine Runde durch das Gebäude schneller vorbei war, als dass man Mr. Gorbatschow sagen konnte, fügte es sich perfekt in die Strecke des Mauerweglaufs 2018 ein. Ich jedenfalls war begeistert und diese kleine Abwechslung ließ zumindest für einen kurzen Augenblick den Gedanken verschwinden, dass man noch nicht einmal ein Viertel des Laufes hinter sich gebracht hatte.


Ganz froh war ich, nach einigen Kilometern über Kreuzberg Richtung Treptow die Stadt verlassen zu dürfen und die Laufschuhe einfach nur abrollen zu lassen. Emotional wurde es jedoch am Denkmal des jüngsten Maueropfers, in dessen Gedenken der Lauf dieses Jahr stattfand. Jörg Hartmann, damals im Jahre 1966 zehn Jahre alt, war mit seinem 13-jährigen Freund Lothar Schleusener offensichtlich im Begriff, über das Grenzgebiet in Treptow in den Westen zu seinem Vater zu gelangen. Tragischerweise eröffneten Grenzbeamte das Feuer und töteten die beiden Jungen mit gezielten Schüssen. Die Organisatoren des Rennens baten deshalb alle Teilnehmer darum, Spielzeuge zu spenden und sich in Treptow die Zeit zu nehmen, es am Denkmal niederzulegen. Eine tolle Geste und schön zu sehen, dass so viele Läufer an dieser Aktion teilgenommen haben.

Trotz all der Tragik dahinter, muss man irgendwann jedoch wieder zurück in das Rennen finden. Denn von diesem Moment an konnte man sich voll und ganz auf den Laufsport, wegen dem wir alle hier waren, konzentrieren. Die Strecke war flach, Straßenüberquerungen wurden deutlich weniger und die Sonne hielt sich auch noch ganz gut hinter einer Wolkendecke versteckt. Einer der nächsten Höhepunkte auf der Strecke erwartete mich aber schon bald bei Kilometer 34,4. Der Dörferblick mit einer Höhe von gut 70 Metern. Ein toller Moment, um noch einmal die Beine zu spüren und sie auf die nächsten 66 Kilometer vorzubereiten.

Leider tat ich mir aber wohl keinen Gefallen damit, den kleinen Trümmerberg im zügigen Laufschritt zu erklimmen. Denn nur wenige Kilometer später musste ich mit Bedauern feststellen, dass meine Oberschenkel zugemacht hatten. Aber irgendwie war immer noch zuviel Strecke am Ende des bisher zurückgelegten Weges. Jetzt bloß nicht einknicken, dafür lief es bisher einfach zu gut. Außerdem dachte ich natürlich an meinen Staffelpartner, der bereits am Schloss Sacrow auf mich wartete, mich ständig per Live Tracking verfolgte und mit Erschrecken feststellte, dass ich, wenn es denn so weiterlief, an unserem Wechselpunkt als führende 2er-Staffel übergeben würde. Ganz so weit war es zwar noch nicht, aber eben auch nicht ganz abwegig. Trotz meines kleinen Gebrechens, das ich nun von Zeit zu Zeit mit Wasser zu kühlen versuchte, schlug ich mich noch immer tapfer, ohne auch nur eine Ahnung zu haben, wie es hinter mir aussah. Wo lauerten nur die Verfolger? Mein Begleiter auf dem Führungsfahrrad wollte sich spätestens am Sportplatz Teltow etwas zurückfallen lassen, um die Lage zu sondieren. Teltow, muss man wissen, ist nämlich die erste Drop-Bag Station und aufgrund der Tatsache, dass man zur Verpflegung in eine kleine Sporthalle einläuft, fällt es einem aufgrund der Gemütlichkeit im Kreise vieler Gleichgesinnten umso schwerer, den Weg wieder nach draußen zu
finden. Deshalb hieß es nur kurz, meine Laufweste aus meinem Drop-Bag neu zu beladen, Wasser aufzufüllen und bloß nicht in den Ruhemodus zu wechseln. Das war im Übrigen bei allen Verpflegungspunkten davor und auch danach ein Teil meiner Renntaktik. Allerdings war ich auch extrem günstig in der Haltung, denn ich wollte kein Risiko eingehen und versorgte mich über 91 km mit Gels, Riegeln und ausreichend getestetem Sportgetränk nahezu selbst. Nur als Wasserquellen waren die Versorgungspunkte mein rettendes Ufer. Doch ansonsten: was der Läufer nicht kennt, das frisst er nicht!


Irgendwann begann ich aus purer Langeweile die noch vor mir liegenden Kilometer in Etappen zu den nächsten VPs aufzubröseln. Noch sechs, fünf, vier, drei, zwei, ein Kilometer. Und das ganze wieder von vorne. Irgendwie musste man sich schließlich die Zeit unterwegs vertreiben. Sobald ich aber die Havel über die Glienicker Brücke passiert hatte, schien mein Ziel in greifbarer Nähe zu sein. Eigentlich musste ich einfach nur einen Fuß vor den anderen setzen. Das war auch schon das ganze Hexenwerk. Eine unerträgliche Aufregung stieg schließlich in mir auf, als sich der Wechselpunkt, das Schloss Sacrow, bereits in Sichtweite befand und ich kaum glauben konnte, dass mein Lauftag in wenigen Minuten vorbei sein wird und ich, egal wie die weiteren 70 km laufen würden, zumindest einen Etappensieg erzielen werde. Unglaublich, aber wahr.

Dann ging plötzlich alles ganz schnell. So wenig Zeit, wie ich zuvor an den Verpflegungspunkten zubrachte, benötigten Arnaud und ich schließlich zur Übergabe des unsichtbaren Staffelstabs. Kurz und knackig empfing ich meinen Drop-Bag und nur kurze Zeit später war ich von der Strecke runter und Arnaud unterwegs, um unsere Führung zu verteidigen. Die Daumen waren gedrückt.

Weitere siebzig Kilometer zittern


Leider kann ich über die siebzig Kilometer bis ins Ziel nicht gerade viel erzählen, habe mir aber sagen lassen, dass sie toll und Arnauds Schmerzen quasi gar nicht vorhanden waren. Außerdem weiß ich aus einer sicheren Quelle, dass er etwas Panik mit auf die Strecke nahm, weil er die Führung von mir übernahm und mich nicht enttäuschen wollte. Im Grunde war ich aber einfach nur glücklich darüber, ein tolles Team gebildet zu haben und der Erfolg auf meinen 91 Kilometern schien dabei eigentlich nur mein persönliches Betthupferl zu sein. Die Belohnung für monatelange harte Abrackerei auf der Straße, der Bahn oder wo auch immer ich gerade Lust hatte, mir die Beine zu vertreten. Doch von nun an war es an mir, über die Funktion des Live Trackings die ‚Lauf Junge Lauf‘-Staffel auf ihrem Weg ins Ziel zu verfolgen. Siebzig Kilometer können, wenn man warten muss, verdammt lange werden. Dann noch diese Nervosität beim ständigen Aktualisieren der Zwischenergebnisse. Unglaublich! Ich wusste in dieser Zeit nichts, aber auch rein gar nichts, mit mir anzufangen. Ich schlenderte von hier nach dort und wieder zurück. Dann brach die Dunkelheit über Berlin herein und Arnaud hatte die Führung immer noch behauptet. Dann passierte er den Kontrollpunkt 26, während die anderen Staffeln noch weit zurücklagen. Es hätte wirklich viel passieren müssen, um einen Vorsprung von über zwanzig Minuten noch zu verlieren. Der Sieg war unser. Obwohl er noch nicht einmal in Sichtweite war, konnte ich Stolz auf unsere gemeinsam erbrachte Leistung sein, mit der niemand, am wenigsten wir, rechnen konnten. Es gab im Vorfeld so viel Chaos, mit dem wir beide erst einmal zurechtkommen mussten, dass wir uns schlichtweg schon über das Erreichen des Ziels hätten freuen können.

Ende gut, alles gut


So ganz genau wusste ich zwar nicht, wo er sich befand, nur eben, dass er ganz in der Nähe sein musste. Dann tauchte vor mir plötzlich aus der Dunkelheit unser Begleiter auf dem Führungsfahrrad auf. Nur wenige Meter dahinter folgte… Arnaud! Das gemeinsame Einlaufen auf der Tartanbahn im Friedrich-Ludwig-Jahn-Sportpark konnte ich mir trotz des Muskelkaters meines Lebens nicht nehmen lassen. Dort, wo ich mich morgens um sieben Uhr in Bewegung gesetzt hatte, durften wir exakt 15 Stunden 13 Minuten und 59 Sekunden später den 2er-Staffelsieg des ‚Team Lauf Junge Lauf‘ feiern. Was für ein Tag! Wir werden unseren Buddy Bear in Ehren halten und in meinem Gesicht macht sich noch heute ein breites Grinsen breit, wenn ich an diesen besonderen Samstag im August zurückdenke.

Titelverteidigung im nächsten Jahr? Da muss ich doch dankend ablehnen, denn ab demnächst heißt es, größere Brötchen zu backen und die vollen 100 Meilen zu bewältigen. Man gönnt sich ja sonst nichts. Außerdem kann ich mir nicht vorstellen, dass dieses Erlebnis auf der gleichen Strecke noch einmal zu toppen ist. Doch bevor ich zu viele Pläne für das nächste Jahr schmiede, möchte ich den Sieg einfach noch ein wenig genießen und zum Abschluss an so viele Menschen ein Dankeschön loswerden.

Da wären nämlich die vielen Helfer entlang der Strecke, die ihre wertvolle Freizeit dafür geopfert haben, uns Läufer mit allem was das Herz begehrt, zu versorgen. Die Organisatoren leisteten zudem ganze Arbeit, das Rennen so reibungslos wie möglich ablaufen zu lassen. Es war uns eine Freude, Teil der 100 Meilen Berlin gewesen zu sein. Außerdem müssen wir uns noch bei allen anderen Teilnehmern bedanken, für den ein oder anderen Wortwechsel unterwegs und der entspanntesten Stimmung, die ich je erleben durfte. Vielleicht ward ihr aber auch einfach müde. Wer weiß? Und ganz besonderen Dank für das Stillhalten während des Siegerehrungs-Selfie. Ihr seid dufte. Von meiner Seite noch einen großen Dank an den besten Staffelpartner, den man sich nur wünschen kann und dafür, dass er den Buddy Bear nach Hause geholt hat. Siehste, war doch gar nicht so schlimm. Unserem Fahrradbegleiter für die ständige Motivation und dafür, unterwegs immer mal ein paar Kilometer zu unterschlagen, wenn es um die Frage ging, wie weit es noch bis zum nächsten VP sei. Wir kamen schließlich trotzdem an, doch meine GPS-Uhr lügt nie. Last but not least darf ich auf keinen Fall Annett vergessen, meine Frau, die mir jedes Mal in der wertvollen Trainingszeit den Rücken freihält und bei jedem Wettkampf beinahe aufgeregter ist, als ich es bin. Leider konnte sie in diesem Jahr nur beim Start mit dabei sein, da sie zur gleichen Zeit ihr Ehrenamt bei der Leichtathletik EM ausübte. Doch dafür erfuhr auch jeder medizinische Helfer im Berliner Olympiastadion, ob er es wissen wollte oder nicht, von unserem Staffelglück. Das nenne ich ausgleichende Gerechtigkeit.


Die 100 Meilen Berlin stehen schon lange auf meiner Bucket List und habe, denke ich, einen guten Einstieg gefunden, um im nächsten Jahr endlich die volle Distanz anzugehen. Denn wie bereits die New Kids On The Block angemerkt haben: Step by step! Ich bitte aber um Verständnis, dass ich auch ganze zwei Wochen nach diesem Erfolg, mich noch etwas Ruhmsonnen werde, um mir meinen Siegerteint noch etwas zu erhalten. Start-Ziel-Sieg. Es hätte nicht besser laufen können. Solltet ihr also im Friedrichshain bald mal einem Läufer begegnen, dessen Laufstil einem Pfauen gleicht, dann könnte das der Sieger der 2er-Staffeln bei den 100 Meilen Berlin gewesen sein. In diesem Sinne, allen ein schönes Wochenende und Sport frei! Und entschuldigt bitte, dass mein Bericht so in die Länge gezogen wurde. Das ließ sich leider nicht vermeiden.

Das war ja wohl der Gipfel!

Den Anfang machte, soweit sich mein sauerstoffgeschwängertes Gehirn noch daran entsinnen kann, einer dieser seltenen Instagram-Momente. War ...